3D-Druck in der Automobilbranche
Funktionale und langlebige Werkzeugteile - Das Potenzial der additiven Fertigung
Was für viele immer noch nach Zukunft klingt, ist für andere längst gängige Praxis: Immer mehr Unternehmen produzieren Ersatz- oder Spezialteile aus dem 3D-Drucker. Unter dem Begriff „Additive Manufacturing“ – zu Deutsch „additive Fertigung“ – erobern die neuen Verfahren nun auch die industrielle Produktion. Die Möglichkeit, Bauteile auf individuelle Anforderungen maßzuschneidern, ist dabei einer der größten Vorteile des 3D-Drucks. Auch bei thyssenkrupp Springs & Stabilizers wird auf die Versorgung verschiedener Fachbereiche mit 3-Druck gefertigten Teilen gesetzt.
Stefan Hoffmann, Betriebsingenieur für den Bereich Werkzeugbau, arbeitet seit 14 Jahren bei thyssenkrupp Springs & Stabilizers. Nach seiner Ausbildung zum Mechatroniker, einem dualen Maschinenbaustudium und mehreren Stationen in verschiedenen Fachabteilungen des Automobilzulieferers, ist er heute für den 3D-Druck im Werkzeugbau zuständig.
Wie 3D-Druck die Produktion verändert
„In der additiven Fertigung liegt der Fokus auf der Entwicklung und Produktion von Bauteilen, die sich entweder mit konventionellen Mitteln nicht herstellen lassen oder bei denen, der Herstellungsprozess erleichtert werden soll“, erklärt Stefan Hoffmann. Denn: Im Vergleich zur Produktion mittels herkömmlicher Fertigungsverfahren kann mit dem 3D-Druck Zeit gespart werden. Produkte, deren Herstellungsverfahren bislang viel Zeit in Anspruch genommen haben, können nun binnen weniger Stunden angefertigt werden.
„Hier konnten wir den größten Fortschritt erreichen, da wir innerhalb eines Tages ein fertig gedrucktes Modell zur Verfügung stellen können“, erklärt Stefan Hoffmann. Dank der additiven Fertigung kann der Experte nun interne und externe Kunden mit 3D-gedruckten Teilen versorgen, Wartezeiten auf Bauteile verkürzen und die Effizienz von Abteilungen steigern.
Darüber hinaus besitzen die 3D-gedruckten Ersatzteile oft eine deutlich bessere Haltbarkeit als Originalteile, so Hoffmann: „Das liegt unter anderem an unserer Materialwahl. Dadurch konnten wir Automobilkunden überzeugen Aufträge an unser Werk in Hagen zu übertragen.“ Bestes Beispiel: die Fertigung von Federtellern für den Fisker Ocean (2022) und den Jaguar Landrover (2023). „Diese ‚Federteller‘ machen den Verbau vieler neuer Automobilfedern erst möglich und sind häufig aus Gummi gefertigt“, erklärt Stefan Hoffmann. Mit der 3D-Druck Herstellung der Federteller aus Gummi können die Wartezeiten für solche Teile, gegenüber den Federtellern aus dem klassischen Spritzgießprozess, deutlich verkürzt werden. Hinzu kommt, dass diese für eine bessere Dämpfung als Metall- und Kunststoffvarianten sorgen und zudem oftmals deutlich günstiger in der Produktion sind.
Unkomplizierte Ersatzteilherstellung – 3D-Druck in der Anwendung
Blickt man auf die Produktion und Qualitätssicherung der Komponenten von thyssenkrupp Springs & Stabilizers, spart der 3D-Druck viel Zeit und Kosten. „Durch externe Werkzeuglieferanten entstehen enorme Kosten und manchmal reicht auch ein einfaches Kunststoffteil, um bspw. eine Federprüfung zu realisieren.“, erklärt Stefan Hoffmann. Hinzu kommt, dass Einzelanfertigungen oder Bauteile in geringer Stückzahl meist teuer sind. Damit sie entstehen können, muss unter Umständen extra ein Werkzeug angefertigt werden, was wiederum mit Zeit und Aufwand verbunden ist. „Während der Konstruktions- und Entwicklungsphase verändert sich so ein Federteller immer mal wieder. Es gibt sehr viele Korrekturschleifen bis sie am Ende einen perfekt sitzenden Federteller in der Hand halten. Würden Sie so etwas auf ‚dem normalen Weg‘ produzieren lassen würde der Prozess Monate andauern. Mit der additiven Fertigung schaffen wir das jetzt in nur wenigen Tagen.“, führt Hoffmann aus.
Angefangen hat alles im Jahr 2018 mit Stefan Hoffmann, seinem Werkleiter Kollegen Marco Roland und einem Drucker: Mittlerweile gibt es davon acht Stück. Die Liste der 3D-gedruckten Teile umfasst mittlerweile mehr als 1.200 Projekte. „Ich gehe davon aus, dass wir in der Zukunft immer mehr Teile in Serien-Fahrzeugen finden werden, die 3D-gedruckt sind, weil sich durch den geringer werdenden Individualverkehr und die damit einhergehenden geringeren Stückzahlen der Fahrzeuge eine aufwändigere Produktion nicht lohnen würde.“, so Hoffmann. Aktuell lassen sich die Projekte noch in vier Kategorien einteilen: das Anfertigen von Ersatzteilen für Produktions-, Fertigungs- und Prüfmaschinen, Prüfaufbauten für den Bereich Testing und die Qualitätssicherung, die Fertigung von Prototypen und zuletzt die Fertigung von Federtellern zum Verbau direkt ins Auto.
Grenzenlose Möglichkeiten
Das Potenzial des 3D-Drucks ist riesig. Dank additiver Fertigung konnte thyssenkrupp Springs & Stabilizers seine Produktion und Prozesse ganz neu zu denken. Geringe Produktionskosten, verkürzte Lieferzeiten und eine kurze Reaktionszeit zwischen Druckauftragserteilung und Fertigstellung des Drucks könnten in Zukunft ausschlaggebend für die Anfertigung von Komponenten im Automobilbereich sein. Dabei spielt jedoch nicht nur die Zeiteinsparung eine wichtige Rolle, sondern auch die Erstellung von Ersatzteilen für ältere Maschinen oder Kraftfahrzeuge, bei der Erstellung von komplexen Bauteilen oder sogar dann, wenn es keine Original-Ersatzteile mehr gibt.
Auch die erhöhte Verfügbarkeit durch Serienproduktionen ist ein weiterer wichtiger Punkt, der für den 3D-Druck spricht. So kann die Ersatzteilverfügbarkeit enorm gesteigert werden, da die benötigten Ersatzteile auf Abruf gefertigt werden können. Laut Hoffmann wäre eine Bevorratung von Ersatzteilen somit nicht mehr notwendig.
Dennoch gibt es auch bei dem 3D-Druck noch Verbesserungspotential. „Die größten Herausforderungen stellen die hohe Arbeitsbelastung, der Termindruck und die komplexen Bauteile dar. Jedes Bauteil unterscheidet sich und es muss ein Programm erstellt werden, um den optimalen Druck und die Haltbarkeit des Teils gewährleisten zu können.“, bekennt Hoffmann.
Die Zukunft des 3D-Drucks im Werkzeugbau und der Automobilbranche
Der Bereich des Werkzeugbau wird auch bei thyssenkrupp stets weiterentwickelt und ausgebaut, um mit der steigenden Nachfrage und den vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten Schritt zu halten. „Die Auftragsbücher sind gut gefüllt“, gibt Hoffmann an. Die Erkenntnisse, die er im Bereich der Werkzeugkonstruktion gewinnt, können später auch für andere industrielle Prozesse genutzt werden. Ein besonders interessanter Aspekt für die Zukunft, so Hoffmann, ist die Möglichkeit, Kunden nicht nur fertige 3D-gedruckte Produkte anzubieten, sondern gleichzeitig auch als Dienstleister für andere Kunden in Erscheinung zu treten.
Mehr spannende Einblicke in innovative Verfahren bei thyssenkrupp, findest du in unseren Stories.