In einer digitalen Welt wirken Azubi-Messen häufig wie ein Relikt aus längst vergessenen Zeiten: Ehe man es sich versieht, wird man ungefragt eingedeckt mit Massen an Broschüren und Flyern. Das muss doch besser gehen, dachten sich zwei Auszubildende von thyssenkrupp Marine Systems und tauchten tief in die Robotik ein, um dem Messeauftritt ihres Arbeitgebers einen entscheidenden Impuls zu geben.
Die Idee der beiden Azubis Finn-Oliver und Thore: Ein einfach zu bedienender, im 3D-Druckverfahren hergestellter Roboterarm, der für Aufmerksamkeit auf dem Stand sorgen und das Standpersonal tatkräftig unterstützen soll. Der Plan: Über ein Interface sollen Messebesucher:innen die einzelnen Achsen des Roboters ansteuern, um sich selbst die Goodies aushändigen lassen zu können, die sie interessieren.
Das erste Konzept stand schnell. Und ebenso schnell konnten die beiden ihren Ausbildungsleiter Cem überzeugen, der ihnen weitgehend freie Hand ließ. „Wir begannen mit einem 3D-Modell, in das viel Arbeits- und auch viel Freizeit floss“, verrät Finn-Oliver, der bei thyssenkrupp Marine Systems nach seiner Industriemechaniker-Ausbildung seit 2021 ein duales Mechatronik-Studium absolviert. Doch erst als das mit den CAD-Programmen „SolidWorks“ und „Autodesk“ entwickelte Modell stand, begannen die eigentlichen Herausforderungen.
„Denn dann folgte die Elektronik“, erinnert sich Finn. „Nachdem wir alles verkabelt und die Motoren montiert hatten, starteten wir unsere ersten Versuche, den Roboterarm zu programmieren.“ Doch die Programmierung war nur ein Teil der Herausforderung. Die Elektronik des Roboterarms bereitete hartnäckige Probleme in Gestalt eines nicht funktionieren wollenden Roboters. Finn und Thore mussten also wieder alles auseinander nehmen und dem Fehler – mehr oder weniger - geduldig auf den Grund gehen. Tatsächlich kamen sie dem Problem irgendwann auf die Spur. Kleine Ursache, große Wirkung: Lediglich ein banaler Verkabelungsfehler hatte den beiden einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Es sollte nicht der einzige bleiben. Bei der Inbetriebnahme brach der Kunststoffarm, bzw. eine Steckverbindung. „Ein konstruktiver Fehler“, wie Finn berichtet. „Der Querschnitt war zu gering gewählt.“ Als bei einem Transport ein weiteres Teil brach, hatten die beiden genug: Ein Wechsel auf Stahl als Werkstoff für den Roboterarm löste schließlich die Festigkeitsprobleme.
Dafür wuchs schnell die Komplexität des Projekts – und die der Zeichnungen. Nur ein Punkt, den die beiden anfangs unterschätzt hatten: Die Montierbarkeit. „Es geht ja nicht nur darum, dass man eine Vorstellung davon hat, wie das Produkt aussehen soll. Es geht auch um die Fragestellung, wie ich es überhaupt montieren kann“, so Finn. „Unsere Zeichnungen, die wir im Verlaufe des Projekts erstellt und überarbeitet hatten, sehen inzwischen ziemlich wild aus“, lacht Finn.
Und deshalb blieben Finn und Thore immer dran und gaben nie auf. Mit jeder Herausforderung, die sie meisterten, kamen sie ihrem Ziel näher. Finn: „Nachdem wir den einen oder anderen Fehler gemacht hatten, war es einfach ein super Gefühl, wenn sich die ersten Erfolgserlebnisse einstellen und du feststellst, dass die Funktionen, die du entwickelt hast, tatsächlich wie geplant arbeiten. Selbst über eine triviale Sache wie eine drehende Achse haben wir uns extrem gefreut“.
Bei allen Herausforderungen konnten Finn und Thore stets auf ihren Arbeitgeber zählen. „Bei einzelnen Funktionen haben uns unsere Fachausbilder beraten und geholfen“, so Finn. „Mein Fachausbilder Stefan war immer eine große Hilfe, genauso wie Oliver in Elektronik-Fragen. Bei wirklich allen Fragen konnten wir immer einen Lösungsansatz entwickeln“.
Inzwischen ist der Roboterarm so gut wie fertig und steht unmittelbar vor seinem ersten Einsatz bei Azubi-Messen, um mit interessierten Besucher:innen zu interagieren. Sie sollen dann den Roboter über sechs Achsen bedienen und sich die Messe-Goodies aussuchen, die sie spannend finden. Auch Weiterentwicklungen sind bereits geplant: So soll der Roboterarm bald über einen Ultraschallsensor und eine Handysteuerung verfügen. Man wächst halt mit seinen Aufgaben.
Auch wenn Finn lächelnd einschränkt: „Ein wichtiges Learning war für uns, dass die Dinge selten sofort so funktionieren, wie man es geplant hat. Aber das Projekt hat uns definitiv weitergebracht.“ Und genau darum geht es bei den Azubi-Projekten, wie Ausbildungsleiter Cem betont: „Unsere Auszubildenden nehmen bei so einem Projekt eine Menge mit. Die Lernkurve ist dabei umso größer, wenn mal etwas nicht klappt. Das ist es, was die eigenen Skills und die Persönlichkeit entscheidend nach vorne bringt.“.