Grünes Methanol – Ein Rohstoff für nachhaltigen Treibstoff in der Luftfahrt
Der Flugverkehr verursacht rund ein 3,1 Prozent der globalen CO2-Emissionen und wird in den kommenden Jahren weiter steigen. Forschende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) gehen sogar davon aus, dass Flugreisen bis 2040 jährlich um 3,5 % zunehmen werden. Höchste Zeit also, alternative Treibstoffe, sogenannte Sustainable Aviation Fuels (SAF), für die Luftfahrt zu entwickeln. Grünes Methanol könnte als Ausgangstoff für diese nachhaltigen Treibstoffe dienen. Wir haben unsere Expert:innen von thyssenkrupp Uhde gefragt: Was ist grünes Methanol? Wie wird grünes Methanol hergestellt? Und: Hat es das Potenzial ein Rohstoff für eine nachhaltige Alternative für Kerosin zu werden?
Unsere moderne Gesellschaft ist auf den Flugverkehr angewiesen. Die vielen tausend Kilometer, die wir und unsere Güter in der Luft zurücklegen, sind mit vielen tausenden Tonnen CO2-Emissionen verbunden. Oben genannte Sustainable Aviation Fuels könnten daher einen großen Einfluss auf unsere Umwelt haben. „Unter dem Begriff werden nachhaltig produzierte Kraftstoffe, die nicht auf fossilen Rohstoffen basieren zusammengefasst“, erklärt Dr. Thomas Streich, Global Head of Green Technologies & Decarbonization Portfolio in der Operating Unit Pertochemicals and Polymers bei thyssenkrupp Uhde. „Sie können entweder aus Biomasse gewonnen werden oder synthetische Kraftstoffe z.B. auf Basis von grünem Methanol sein, die aus erneuerbaren Energien und CO2 erzeugt werden.“
Mit thyssenkrupp nucera und thyssenkrupp Uhde bietet thyssenkrupp bereits jetzt die Herstellung von grünem Wasserstoff und die Herstellung von grünem Methanol an. Aktuell entwickeln Streich und seine Kolleg:innen im Rahmen eines mit 3,1 Millionen Euro von der Bundesregierung geförderten Projektes, Prozessschritte zur Umwandlung von grünem Methanol hin zu nachhaltigem Flugkraftstoff.
Grünes Methanol: Ein Rohstoff für eine nachhaltige Alternative für Kerosin?
"Um die Rolle von grünem Methanol für eine nachhaltigere Luftfahrt zu verstehen, muss man wissen, dass Methanol aufgrund seiner geringen Energiedichte kein direkter Ersatz für Kerosin sein kann", erklärt Streich. Dennoch könne grünes Methanol zukünftig eine Schlüsselrolle für den CO2 -neutralen Flugverkehr spielen und eigne sich als Ausgangstoff für Sustainable Aviation Fuels, so der Experte. Denn, die Luftfahrt ist durch gesetzliche Mindestquoten dazu verpflichtet einen ständig zunehmenden Anteil an nachhaltigen Flugkraftstoffen einzusetzen.
Dafür kommen mehrere Prozessrouten in Frage. „Alle aktuellen Sustainable Aviation Fuels haben gemeinsam, dass sie in einer Mischung mit konventionellem Flugzeugtreibstoff verwendet werden, wobei die Beimischungsquote je nach Produktionsweg in der Regel auf maximal 50 % begrenzt ist“, erklärt Streich. „Unser Ziel ist es, die Umwandlungsschritte von grünem Methanol zu synthetischem Kerosin so zu konzipieren, dass ein nachhaltiger Kerosin-Ersatz erzeugt wird, der zu 100% direkt in den Antriebsaggregaten eingesetzt werden kann.“ Es ist jedoch nicht nur die Verwendung eines nachhaltigen Ausgangsstoffes, wie in unserem Fall grünes MeOH erforderlich, so Streich: „Auch die Prozessschritte in der nachgelagerten Umwandlung müssen effektiv und emissionsarm sein“
Was ist grünes Methanol und wie wird grünes Methanol hergestellt?
Aber was ist eigentlich grünes Methanol und wie wird grünes Methanol hergestellt? Methanol ist heute mit rund 110 Millionen Tonnen pro Jahr eine der meistproduzierten organischen Chemikalien. Die konventionelle Herstellung erfolgt unter Verwendung von fossilen Rohstoffen wie Erdgas oder Kohle. "Grün" ist dagegen der Populärbegriff für nachhaltig hergestellte Energien und Produkte. Grünes Methanol kann entweder aus biogenen Rohstoffen (z.B. Biomassenvergasung) oder aus der Luft entnommenen Kohlendioxid (CO2) zusammen mit grünem Wasserstoff (aus Wasserelektrolyse mit nachhaltiger elektrischer Energie) hergestellt werden.
Mit einigen weiteren Prozessschritten kann dieses grüne Methanol schließlich zu synthetischem Kerosin und damit zu einer CO2-neutralen Alternative für den traditionellen Flugzeugtreibstoff verarbeitet werden. „Zwar entsteht auch bei der Verbrennung von synthetischem Kerosin CO2, der entscheidende Unterschied ist aber, dass nur so viel CO2 in die Atmosphäre gelangt, wie ihr vorher zur Produktion von grünem Methanol, also z.B. durch künstliche CO2-Abscheidung, entnommen wurde“, so Streich. Daher ist die Verbrennung von Sustainable Aviation Fuels in der Bilanz CO2-neutral.
Die Methanol-Route biete außerdem einige Vorteile gegenüber anderen Herstellungsverfahren von Sustainable Aviation Fuels, so Streich. Sie verfügt jedoch noch nicht über eine behördliche Zertifizierung für die Freigabe als Flugkraftstoff (durch die ASTM-Organisation), die derzeit eingeleitet wird. Je nach Fortschritt der Zertifizierung und der Entwicklung geht der Experte aber davon aus, dass Flugkraftstoffe auf Basis von grünem Methanol ab etwa 2026 kommerziell genutzt werden können.
Sustainable Aviation Fuels: Der Beitrag von thyssenkrupp Uhde
In dem öffentlich geförderten und im August 2022 erfolgreich mit namenhaften Partnern wie BASF Process Catalysts, OMV Germany, DLR und ASG gestarteten Projekt M2SAF, bringt thyssenkrupp Uhde seine Erfahrungen und Technologie-Expertise aus über 100 Jahren Anlagenbau ein. Der Fokus liegt dabei auf der Entwicklung von Technologie, welche die Prozessschritte hinsichtlich Reaktionsführung und Effizienz optimiert und der Integration der Einzelprozesse zu einem wirtschaftlichen und nachhaltigen Gesamtprozess. Zusätzlich wird thyssenkrupp Uhde auch die notwendige Pilotanlage konzipieren und die Gesamtinvestitionskosten für eine kommerzielle Anlage ermitteln.
Kann die Politik und die Energiewirtschaft die Entwicklung von nachhaltigen Flugzeugkraftstoffen außerdem strukturell unterstützen? „Alle derzeitigen grünen Prozesse, Kraftstoffe, Chemikalien, etc., die auf biogenen Ausgangstoffen oder grünem Wasserstoff basieren konkurrieren zukünftig um diese Ressourcen bzw. grünen Strom“, erklärt Streich. Die Zuordnung dieser Grundstoffe zu den mannigfaltigen Produkten wird, seiner Einschätzung zu Folge, zukünftig maßgeblich von gesetzlichen Rahmenbedingungen und entsprechenden Restriktionen abhängen, z.B. der Höhe der CO2-Emissionsbepreisung.
„Sofern ausreichend grüner Wasserstoff und geeignetes CO2 zur Verfügung stehen, könnte thyssenkrupp dann rein technisch gesehen Anlagenkapazitäten aufbauen, die in Kombination mit den Kapazitäten anderer nachhaltiger Flugkraftstoffe die notwendigen Quotenanforderungen erfüllen könnten“, sagt Streich.
Sustainable Aviation Fuels aus grünem Methanol: ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem nachhaltigeren Flugverkehr und Logistik. Mehr zu grünen Technologien und Innovationen von thyssenkrupp findet ihr in unseren Sustainability Stories.