Auf dem Weg zu Netto-Null: CO2-Reduktion in der Zementherstellung
Die globale Nachfrage nach Zement wächst stetig. Die Urbanisierung und die wachsende Bevölkerung treiben den Bedarf in die Höhe.
Bauteile, ganze Bauwerke und der Großteil unserer Infrastruktur basieren auf dem Baustoff. Dabei gerät oft in den Hintergrund, dass rund drei Milliarden Tonnen CO2 jährlich allein auf die Produktion von Zement zurück zu führen sind. Das sind rund zehn Prozent des vom Menschen ausgestoßenen Treibhausgases!
Forschungsprojekt zur CO2-Reduktion
Mit Blick auf den fortschreitenden Klimawandel geraten Zementhersteller unter wachsenden Druck, die Produktion des Baustoffes nachhaltiger zu gestalten. Deswegen wird bereits auf vielfältige Weise an der Reduktion von CO2-Emissionen gearbeitet. Der Grund: Auch bei vollständigem Einsatz von erneuerbaren Energien wird bei der Zementherstellung rohstoffbedingt CO2 frei und an die Atmosphäre abgegeben. Ein Forschungsprojekt von thyssenkrupp Uhde, Holcim und der Technischen Universität Berlin hat sich zum Ziel gesetzt Emissionen in bereits bestehenden Zementanlagen zu reduzieren.
CO2-Abscheidung (Carbon Capture) mittels eines neuen Aminwäsche-Verfahrens
Durch den Einsatz neuster Aminwäsche-Technologien soll CO2 abgetrennt werden. Ziel ist es, den CO2-Ausstoß von bestehenden Zementanlagen deutlich zu reduzieren und gleichzeitig das abgetrennte CO2 für weitere Anwendungen nutzbar zu machen. Konkret werden unter anderem neue Stoffaustausch-Apparate entwickelt, die den Wirkungsgrad verbessern sollen und widerstandsfähiger gegen Verunreinigungen sind. „Die Aminwäsche wird bereits vielfach eingesetzt, um CO2 aus Prozessgasen oder auch Abgasen zu gewinnen. Nun entwickeln wir die Technologie weiter und optimieren sie für die Zementindustrie. Auch weitere Anwendungen wie z.B. bei Müllverbrennungsanlagen sind möglich, um CO2 direkt an der Quelle auffangen zu können.“, erklärt Dr. Ralph Kleinschmidt, Head of Technology, Innovation and Sustainability bei thyssenkrupp Uhde.
Mit starken Partnerschaften auf dem Weg zur Klimaneutralität
Die Basis für eine schnelle Transformation der Zementindustrie sind starke Partnerschaften. Vor allem Kooperationen zwischen Forschungseinrichtungen und der Industrie sind hier entscheidend. „Innovative Abtrennungstechnologie für die Gasbehandlung zu entwickeln und bestehende Trenntechniken immer effizienter, umweltschonender sowie nachhaltiger zu gestalten und diese zur Anwendung zu bringen, ist eine drängende sowie entscheidende Aufgabe und direkter Beitrag zum Klimaschutz. Diese Aufgabe gelingt nur in enger Kooperation zwischen Industrie und Forschungseinrichtungen wie Universitäten“, betont Prof. Dr.-Ing. Jens-Uwe Repke, Leiter des Fachgebiets Dynamik und Betrieb technischer Anlagen an der TU Berlin.
Auch Arne Stecher, Leiter Dekarbonisierung Holcim Deutschland, sieht Vorteile in Partnerschaften: „Carbon Capture wird in der nahen Zukunft eine Notwendigkeit für Zementwerke sein. Daher suchen wir nach der besten Carbon Capture Technologie und testen verschiedene Verfahren. Die CO2-Abscheidung mittels Aminwäsche ist eine vielversprechende Lösung. Ich freue mich, dass wir den Einsatz des innovativen Verfahrens in der Zementindustrie gemeinsam mit unseren Partnern erproben können."
Die nächsten Schritte
Die Leistungsfähigkeit und Effizienz dieser Einrichtungen werden nun mit realem Abgas im Zementwerk am Standort Beckum getestet. Damit werden die Grundlagen für einen kommerziellen Einsatz gelegt. Zusätzlich werden verschiedene Verwendungsmöglichkeiten für das gewonnene CO2 betrachtet, beispielsweise Methanol oder nachhaltige Kraftstoffe. Mit diesem Verfahren wollen die Partner einen Beitrag zur Reduktion von Klimagasen insbesondere bei Bestandsanlagen zur Zementherstellung leisten. Diese können dann mit Einrichtungen zur Abtrennung des CO2 aus dem Prozessabgas nachgerüstet werden, ohne weitere Anpassungen am Produktionsprozess. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert unter dem Förderkennzeichen 03EE5103A.