Den Wandel im Fokus: Die digitale Transformation im Anlagenbau
Die rasante Entwicklung digitaler Technologien revolutioniert nicht nur unseren Alltag, sondern auch die industrielle Landschaft. Inmitten dieses Wandels steht Dr. Tobias Rabsahl, Experte und Visionär für die digitale Transformation des Anlagenbaus bei thyssenkrupp Uhde. Er gibt uns heute einen Einblick in seinen Verantwortungsbereich und seine Tätigkeiten.
Der Werdegang von Dr. Tobias Rabsahl führte ihn, nach seinem Wirtschaftsingenieur-Studium und einer Promotion, über verschiedene Bereiche zu seiner aktuellen Position als Digital Product Manager im Bereich Business Development & Strategy bei thyssenkrupp Uhde. Hier steuert Tobias mit seinem engagierten Digital-Team die Entwicklung und Vertriebsstrategien für innovative Lösungen im Anlagenbau. Dabei begeistert ihn vor allem die Vielfältigkeit der Aufgaben und die Idee, Themen im Kontext einer stattfindenden technischen Revolution aktiv zu gestalten. „Der Anlagenbau befindet sich am Anfang einer der stärksten Veränderungsprozessen seit Gründung der Firma Uhde vor rund 100 Jahren.“ Dafür braucht es Kreativität, Optimismus und Ausdauer. „Am wichtigsten ist die Bereitschaft konstant Neues zu Lernen und sich auf neue Themen und Fragestellungen einzulassen“, führt Tobias aus.
Von der Idee zur Realität
„Als Leiter für die Initiierung und Steuerung von Entwicklungsprojekten trage ich die Verantwortung für die umfassende Koordination und Überwachung verschiedener Aspekte“, erklärt Tobias. Er beschäftigt sich mit der Evaluation innovativer Ideen im Anlagenbau, der Kooperation mit externen Expert:innen, der Definition methodischer Grundlagen für das Produktmanagement digitaler Produkte. „Zudem fördere ich den internen Austausch und bin Ansprechpartner für Produkte im Angebotsprozess“, ergänzt er.
„In unserem Team übernehmen wir die Verantwortung für Themen, die sich nicht dem klassischen Anlagenbau zuordnen lassen und die zuvor in unserer Firma nicht vorhanden waren“, erzählt Tobias weiter. „Diese Herausforderung erfordert nicht nur einen Neuaufbau in Bezug auf Strukturen und Prozesse, sondern auch eine intensive interne Überzeugungsarbeit hinsichtlich der Notwendigkeit von Veränderungen und des vorhandenen Potenzials.“
Besonders spannend findet der Experte die Bewertung neuer Ideen und Geschäftsmodelle für den Anlagenbau bei Uhde. „Ein Beispiel hierfür sind die sogenannten "Pay-per-use"-Modelle, die den Kundennutzen erhöhen können und den Anwendungsrahmen im Bereich Digitalprodukte erweitern“, erläutert er. Hierbei handelt es sich um ein Vertragsmodell, das es Auftraggebenden ermöglicht, lediglich für die tatsächlich genutzten oder produzierten Einheiten zu zahlen. „Dies bietet eine erhöhte Flexibilität und Planungssicherheit für unsere Kund:innen, während wir bei thyssenkrupp den Service vollständig verantworten können, was uns dieses Geschäft sichert“. Die Digitalisierung spielt dabei eine wichtige Rolle. „Eine durchdigitalisierte Anlage kann solche Konzepte erst richtig ermöglichen“, erklärt Tobias, „da hierdurch auch aus der Ferne sichergestellt werden kann, dass die Anlage entsprechend bestimmten Vertragsparametern betrieben wird“. Noch ist das Konzept zwar nicht vollständig umgesetzt, die zunehmende Bedeutung in der Industrie und auch bei thyssenkrupp treibt das Konzept eines solchen Vertragsmodells jedoch weiterhin an.
Faszinierende digitale Projekte und Meilensteine
Welches Projekt er im vergangenen Jahr besonders spannend fand? Für Tobias eindeutig: Die Vorbereitung für das Projekt des ägyptischen Chemie- und Düngemittelherstellers NCIC („El Nasr Company for Intermediate Chemicals“) – vor allem aufgrund der Größe und Komplexität. „Den Kundenbedarf zu verstehen und die richtigen Dinge im Angebotsprozess auszuarbeiten, war bei einem Projekt dieser Dimension entscheidend, um maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln.“, erklärt Tobias.
Das Ergebnis: Im Rahmen des Düngemittelprojekts für NCIC wurde eine „digitale Infrastruktur“ aufgebaut, auf dessen Basis Online-Dashboards und regelmäßige Leistungsberichte zur Verfügung gestellt werden.
Die Grundlage für den Einsatz solcher digitalen Lösungen und Produkte bildet zunächst die „digitale Infrastruktur". Für das Düngemittelprojekt wurde diese eigens erstellt. „Hierzu zählt beispielsweise die Installation sogenannter edge devices, vereinfacht gesagt Minicomputer, die Sensordaten in unsere thyssenkrupp Uhde Cloud zur weiteren Bearbeitung übertragen“, erklärt Tobias. „Das Projekt ist in mehrere Stufen und Phasen eingeteilt, wo auf Basis der Daten letztlich Lösungen für den Kunden bereitgestellt werden, die einen optimierten Anlagenbetrieb sicherstellen.“ Dies trägt zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit für den Betreiber der Anlage bei und führt zu einer Reduzierung schädlicher Umweltemissionen. Dadurch sind die digitalen Produkte auch Instrumente für die Förderung der grünen Transformation.
Die digitale Infrastruktur der Düngemittelanlage in Ägypten
Im Rahmen dieses Projekts werden digitale Zwillinge in Form von „Black Box“ und „White Box“-Varianten implementiert. „Diese simulieren bestimmte Prozessabschnitte auf Basis bekannter physikalisch-mathematischer Zusammenhänge (White Box) oder mithilfe eines von mit Erfahrungswerten trainierten künstlichen neuronalen Netzes (Black Box). Letzteres lässt sich auch als eine Form von künstlicher Intelligenz bezeichnen“, beschreibt Tobias.
Etwaige Diskrepanzen zwischen den tatsächlichen Messwerten und den simulierten Werten deuten auf Anomalien hin, die im Idealfall rasch automatisch oder durch manuellen Eingriff behoben werden können.
Darüber hinaus umfasst das Projekt zusätzliche digitale Services, darunter einen „Operator Training Simulator“. Speziell für die Anlage in Ägypten entwickelt und konfiguriert, handelt es sich dabei um eine Software. Diese ermöglicht die Simulation des Anlagenbetriebs und ermöglicht es dem Anlagenpersonal, in einer sicheren Umgebung in verschiedenen Szenarien geschult zu werden.
Gestaltung der Zukunft
Laut dem Experten werden digitale Themen in der Zukunft des Anlagenbaus enorm an Bedeutung gewinnen, da die Branche durch einen versetzten Innovationszyklus sehr viel Adaptions- und Veränderungspotential bietet. „Es wird eine Veränderung von einem nützlichen Add-on-Charakter, welcher digitalen Lösungen im chemischen Anlagenbau manchmal zugeschrieben wird, hin zu einer absoluten Basisanforderung für das erfolgreiche Bestehen im Markt sein.“
Die Herausforderungen dabei liegen vor allem in der Akzeptanz von Veränderungen und der Überzeugung bezüglich der sich ergebenden Chancen und Potenziale. „Es erfordert die Bereitschaft, traditionelle Denkweisen zu überwinden und die Vorteile digitaler Transformation klar zu kommunizieren“, so Tobias. Wenn dies jedoch erfolgreich klappt, kann ein gemeinsames Verständnis zu vielen weiteren innovativen Projekten im Anlagenbau führen.
Mehr spannende Einblicke in unsere Forschung und innovative Technologien zur Digitalisierung in der Stahlproduktion und anderen Industrien, findest du in unseren Stories.