Strategie
Fortsetzung Transformationsprozess
In einem herausfordernden und sich rasant verändernden gesamtwirtschaftlichen Umfeld treibt thyssenkrupp seine Transformation weiter voran. Das Ziel ist, thyssenkrupp zu einem leistungsstarken und nachhaltigen Unternehmen mit schlanken Führungsstrukturen und einem klar konturierten und auf profitables Wachstum ausgerichteten Portfolio umzubauen. Den Rahmen dafür bilden unsere Marke und unsere Werte.
Um die Geschäfte der thyssenkrupp AG bestmöglich weiterzuentwickeln, richtet sich das Unternehmen bei seiner Transformation weiterhin gezielt auf Chancen aus, die sich aus den Zukunftsthemen für unsere Technologien bieten. Insbesondere in der grünen Transformation sehen wir schon jetzt, aber insbesondere mittel- und langfristig ein enormes Potenzial für weiteres profitables Wachstum, etwa in den Bereichen Wasserstoff, grüne Chemikalien, erneuerbare Energien, Elektromobilität und nachhaltige Lieferketten.
Gleichzeitig wollen wir unsere Leistungsfähigkeit in allen Segmenten steigern. Die Erwirtschaftung eines dauerhaft positiven Wert- und Cashflow-Beitrags für den Konzern sowie eine verlässliche Dividendenzahlung an unsere Aktionäre sind das erklärte Ziel.
Um all diese Ziele zu erreichen, wird thyssenkrupp den eingeschlagenen Weg konsequent verfolgen. Den Orientierungsrahmen bilden dabei die drei Handlungsstränge Portfolio, Performance und Grüne Transformation.
Portfolio
Die Richtungsentscheidung von thyssenkrupp ist klar: Wir wollen, dass sich jedes einzelne Geschäft bestmöglich weiterentwickelt und eine nachhaltige Wettbewerbsposition – sowohl wirtschaftlich als auch im Hinblick auf den Umwelt- und Klimaschutz – erreicht. Deshalb überprüfen und bewerten wir die individuellen Entwicklungspotenziale aller Geschäfte jährlich dahingehend, in welcher Konstellation die Einheiten die besten Zukunftsperspektiven aus Sicht aller Stakeholder haben.
Mit Beginn des Geschäftsjahres 2023 / 2024 stand der nächste Schritt zur nachhaltigen Neuausrichtung des Konzerns an: Das bisherige Segment Multi Tracks wurde aufgelöst. Unser Großwälzlagergeschäft Rothe Erde (zum 30. September 2023 berichtet als eigenes Segment Bearings) sowie Uhde, Polysius und die Mehrheitsbeteiligung thyssenkrupp nucera, (alle drei bis 30. September 2023 berichtet im Segment Multi Tracks) sind seit 1. Oktober 2023 im neuen Segment Decarbon Technologies gebündelt. Alle vier Geschäfte verfügen jeweils über Schlüsseltechnologien für die Dekarbonisierung der Industrie. Mit der Etablierung des neuen Segments positioniert sich thyssenkrupp als ein Technologieführer für die Energiewende und verschafft seinen Kompetenzen für die grüne Transformation volle Sichtbarkeit. Die weiteren Multi Tracks Geschäfte Automation Engineering und Springs & Stabilizers wurden dem Segment Automotive Technology zugeordnet. Zudem gehört nun Forged Technologies (zum 30. September 2023 berichtet als eigenes Segment) aufgrund der gleichen Endkundenstruktur zu Automotive Technology.
Für die bestmögliche Entwicklung unserer Geschäfte und die Fokussierung unseres Portfolios auf wachstumsstarke Märkte gehen wir weiterhin auch Wege, die eine Änderung der Eigentümerstruktur bedeuten können: Anfang Mai 2024 haben wir die 55-prozentige Beteiligung der thyssenkrupp Industries India (Segment Decarbon Technologies) an ein Konsortium aus bisherigen Mitgesellschaftern verkauft und so die strategische Portfoliobereinigung im Industrieanlagenbau weiter vorangebracht.
Für die einzelnen Segmente in unserem Portfolio verfolgen wir verschiedene Entwicklungspfade.
Automotive Technology führen wir innerhalb des Konzerns weiter; dem Branchentrend zu übergreifender Zusammenarbeit folgend sind selektiv aber auch Allianzen oder Entwicklungspartnerschaften vorstellbar. Den unter der Führung des Segments Multi Tracks eingeleiteten Veräußerungsprozess für Springs & Stabilizers verfolgen wir weiter. Der Verkaufsprozess für Automation Engineering wurde dagegen gestoppt. Um die Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit der Geschäftseinheit als Ganzes langfristig zu sichern, wurde ein schrittweises Herunterfahren der Powertrain-Aktivitäten bis 2026 am Standort Bremen beschlossen.
Im Segment Decarbon Technologies wollen wir das Potenzial der grünen Transformation konsequent erschließen und in werthaltiges Wachstum umsetzen. Wir streben einen Turnaround hin zu nachhaltig profitablen Geschäftsmodellen an. Das gilt insbesondere für Polysius und Uhde, die in den vergangenen Jahren bereits mit der technologischen Transformation hin zu grünen Produkten und Dienstleistungen begonnen haben. Im nächsten Schritt gilt es nun, die Transformation der Geschäftsmodelle voranzutreiben – etwa durch eine verstärkte Modularisierung und Standardisierung der Produkte sowie den Ausbau des profitablen Servicegeschäfts.
Bei Materials Services sieht thyssenkrupp aufgrund der eigenen Marktposition und Wettbewerbsstärke ein unverändert gutes Entwicklungspotenzial. Hier haben wir nicht nur an der Leistungsverbesserung gearbeitet, sondern auch in die Zukunft investiert. Das Segement setzt dabei vor allem auf die konsequente Umsetzung seiner „Materials as a Service“-Strategie. Dadurch soll der Dienstleistungsanteil erhöht und das margenträchtige Supply-Chain-Geschäft ausgebaut werden. Darüber hinaus verfolgt das Unternehmen Wachstumschancen insbesondere auf dem nordamerikanischen Markt, setzt die weitere Konsolidierung der europäischen Aktivitäten zur Stärkung der führenden Marktposition weiter um und entwickelt neue Kundenlösungen vor allem im Bereich Digitalisierung und Nachhaltigkeit.
Steel Europe bewegt sich in einem sehr herausfordernden Umfeld, das von der anhaltend schwachen Konjunktur und vor allem mittel- und langfristig strukturellen Veränderungen auf dem europäischen Stahlmarkt und in entscheidenden Kunden- und Zielmärkten geprägt ist. Um sich nachhaltig wettbewerbsfähig aufzustellen, arbeitet das Segment an einer strukturellen Neuausrichtung. Dabei sollen insbesondere Optimierungen im Produktionsverbund mit einer Reduzierung der Produktionskapazität die Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität des Segments steigern. Parallel dazu soll die bisherige Strategie 20-30 zur Steigerung der operativen Leistungsfähigkeit weiter umgesetzt werden. Zudem strebt der Konzern eine eigenständige Aufstellung von Steel Europe an, denn wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass die stärkere Fokussierung und größere strategische Flexibilität dem Stahl die bestmöglichen Zukunftsperspektiven bieten. Im Juli 2024 hat thyssenkrupp in einem ersten Schritt die 20-prozentige Beteiligung des Energieunternehmens EP Corporate Group (EPCG) am Stahlgeschäft erfolgreich abgeschlossen. Darüber hinaus sind thyssenkrupp und EPCG in Gesprächen über den zweiten Schritt: den Erwerb weiterer 30 % der Anteile am Stahlgeschäft mit dem Ziel, ein gleichberechtigtes 50 / 50-Joint Venture zu bilden. Wesentlicher Baustein dafür ist ein finanzierbarer und wettbewerbsfähiger Businessplan. Falls ein 50 / 50-Joint Venture nicht zustande kommt, haben wir mit EPCG für die bereits verkaufte 20-prozentige Beteiligung ein beidseitiges Rückabwicklungsrecht vereinbart.
Marine Systems zeigt sowohl im Hinblick auf die Kostensenkungs- und Performance-Maßnahmen als auch auf die Auftragslage eine positive Entwicklung. Die weltweit wachsende Nachfrage nach
U-Booten, Marineschiffen sowie Über- und Unterwassertechnologie sorgt für zusätzliche Wachstumschancen. Um diese Chancen noch besser nutzen zu können, verfolgen wir weiter – parallel zu den weiteren Maßnahmen, die der Steigerung der Leistungskraft dienen – den eingeschlagenen Pfad der Verselbstständigung.
Performance
Das übergeordnete Ziel des Transformationsprozesses ist weiterhin die Steigerung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit all unserer Geschäfte. Sie ist nicht nur maßgeblich für die weitere strategische Stärkung des Konzerns, sondern auch notwendige Voraussetzung dafür, einen nachhaltig positiven Free Cashflow vor M&A für den Konzern zu erwirtschaften und verlässliche Dividendenzahlungen zu gewährleisten. Eine weitere Voraussetzung dafür ist, dass die Geschäfte ihre Finanzziele rasch und dauerhaft erreichen – auch in einem anhaltend herausfordernden Umfeld.
Um kurzfristig auf die sich abschwächenden Märkte reagieren zu können, aber auch eine langfristige Verbesserung der Leistungsfähigkeit unserer Geschäfte zu unterstützen, haben wir im September 2023 konzernweit ein ganzheitliches Performance-Programm mit dem Namen APEX (lateinisch für „Spitze“) gestartet. Dabei sollen die Geschäfte zum einen ihre Rentabilität auf Wettbewerbsniveau steigern und zum anderen ihre Marktchancen bestmöglich nutzen.
Gesteuert wird APEX von einem Transformations-Office bei der thyssenkrupp AG, das Methodenkompetenz und Prozessunterstützung, eine Plattform für den Austausch und den Wissenstransfer sowie ganzheitliche Wettbewerbsanalysen und Best-Practice-Vergleiche bietet. In einer ersten Phase haben Experten der Geschäfte in den fünf Handlungsfeldern „Vermögenswerte/CAPEX“, „Geschäftsmodelle und Vertrieb“, „Materialkosten“, „Betriebliches Netto-Umlaufvermögen“ und „Organisation“ Cash- und Performance-Maßnahmen identifiziert, die den Ergebnisdruck aus dem schwachen Marktumfeld abfedern sollen. Die identifizierten Maßnahmen befinden sich entweder in Umsetzung, sind schon abgeschlossen oder werden noch angegangen. Um die Performanceziele der einzelnen Geschäfte auch nachhaltig zu unterstützen, konzentrieren wir uns in einer zweiten Phase vertärkt auch auf strukturelle Themen. Dabei definieren die Geschäfte individuelle Maßnahmen, wie sie ihre Effizienz weiter steigern und die jeweiligen Geschäftsmodelle optimieren bzw. an die sich wandelnden Märkte anpassen können. Wo nötig, setzen sie auch Restrukturierungen konsequent um. Die oben genannten Handlungsfelder werden mit Hochlauf der zweiten Phase aus einer zentralen Sicht aufgelöst. Das Transformation-Office wird die einzelnen Projekte der Geschäfte eng begleiten und, wo notwendig, unterstützen. Verantwortlich für den Erfolg und die Umsetzung von Maßnahmen zur Weiterentwicklung bleiben weiterhin die Geschäfte.
Grüne Transformation
Wir haben uns das Ziel gesetzt, unsere Kunden mit unseren innovativen Produkten sowie modernen und digitalen Technologien bei der grünen Transformation und beim Erreichen ihrer Nachhaltigkeitsziele zu unterstützen. Dank unserer Kompetenzen für nachhaltige Lösungen innerhalb der verschiedenen Branchen können wir die Dekarbonisierung der Industrie vorantreiben und von den damit verbundenen unternehmerischen Chancen profitieren.
Vor allem die Geschäfte im neuen Segment Decarbon Technologies verfügen über innovative Technologien, um einen großen Teil der heutigen CO2-Emissionen insbesondere der Schwer- und energieintensiven Industrie zu reduzieren:
Rothe Erde ist einer der führenden Anbieter für Großwälzlager und Lösungen, die unter anderem in Anlagen zur Erzeugung von Wind-, Solar- und Gezeitenenergie eine zentrale Funktion erfüllen und somit maßgeblich zur Effizienzsteigerung und Zuverlässigkeit erneuerbarer Energiequellen beitragen. Insbesondere die weltweiten Ausbaupläne für Windkraft haben Potenzial für die zukünftigen Wachstumschancen für Rothe Erde.
Grüner Wasserstoff wird künftig vor allem in den Weltregionen produziert werden, in denen grüner Strom günstig verfügbar ist. Um ihn dorthin zu bringen, wo er gebraucht wird, bietet sich Ammoniak als Transportmedium an. Uhde ist einer der weltweit führenden Technologieanbieter für Ammoniak-Lieferketten und zeichnet sich insbesondere durch seinen Fokus auf die Entwicklung und Implementierung großtechnischer Anlagen für innovative Technologien im Bereich nachhaltiger Ammoniakgewinnung aus.
Einer der größten Hebel für eine signifikante Reduzierung der weltweiten CO2-Emissionen ist neben der Stahl- und Chemieindustrie die Zementherstellung. Polysius nimmt mit seinen grünen Technologien einschließlich der patentierten pure oxyfuel-Anlagen eine Vorreiterrolle beim klimaneutralen Umbau der Zementindustrie ein. Das Marktpotenzial ist hoch, da Zementproduzenten unter großem Druck stehen, ihre CO2-Emissionen zu verringern.
Unsere Mehrheitsbeteiligung thyssenkrupp nucera kann weltweit schon heute Technologien für die Produktion von grünem Wasserstoff im industriellen Maßstab anbieten. Als langfristig orientierter Ankeraktionär will die thyssenkrupp AG die Entwicklung von thyssenkrupp nucera weiter begleiten und von den Wachstumschancen profitieren. Mit mehr als 600 abgeschlossenen Projekten ist das Unternehmen einer der Marktführer im Chlor-Alkali-Geschäft.
Darüber hinaus haben wir weitere Produkte und Lösungen im Portfolio, die für das Gelingen der grünen Transformation maßgeblich sind, etwa unsere antriebsunabhängigen Komponenten im Automobilbau, die eine nachhaltige Mobilität ermöglichen und dabei stark von der Elektrifizierung des Automobils profitieren, oder die mit Hilfe der Digitalisierung verbesserten Lieferketten bei Materials Services.
Neben den Produkten und Lösungen, deren Entwicklung wir für unsere Kunden und Partner vorantreiben, arbeiten wir an der Dekarbonisierungsstrategie unseres Konzerns. Mit der im Bau befindlichen Direktreduktionsanlage von Steel Europe ist ein entscheidender Schritt getan: Die zu 100 % wasserstofffähige Anlage mit einer Produktionskapazität von 2,5 Mio t direkt reduziertem Eisen pro Jahr ermöglicht eine Einsparung von bis zu 3,5 Mio t CO2 jährlich. thyssenkrupp kann damit zu einem bedeutenden Akteur der europäischen Wasserstoffwirtschaft und der Standort Duisburg bzw. das Land Nordrhein-Westfalen zum Ankerpunkt für Investitionen in den Aufbau einer regionenübergreifenden Wasserstoffinfrastruktur werden. Darüber hinaus prüfen wir fortlaufend technologie- und ergebnisoffen, was die besten und wirtschaftlich tragfähigsten Lösungen unter den jeweils gegebenen Rahmenbedingungen sind, um den Stahlbereich langfristig klimaneutral aufzustellen.