„Einen bleibenden Eindruck hinterlassen“: So verschiebt thyssenkrupp Steering die Grenzen in der Kaltumformung
Bereits seit über 80 Jahren produziert die thyssenkrupp Presta AG in Liechtenstein Metallteile im Kaltumformverfahren. Ohne die Komponenten geht bei vielen Automobilherstellern nichts. Schließlich werden die kleinen - und größeren – Teile millionenfach in vielen Lenkungen und Antriebssträngen verbaut. Heute trägt die Geschäftseinheit „Coldforging“ signifikant zum erfolgreichen Geschäft von thyssenkrupp Steering bei. Eine besondere Spezialisierung hat sich dabei als Erfolgsrezept der Kaltumform-Profis aus Liechtenstein herausgestellt.
Ohne die Komponenten der Kaltumformungssparte von thyssenkrupp Steering würden Millionen Fahrzeuge keinen Meter fahren. Denn die kaltgepressten Metallteile übertragen unter anderem Kräfte und Momente in Lenkungen und Antriebssträngen und tragen so ganz wesentlich zum sicheren Betrieb von Fahrzeugen bei. Am Hauptsitz von thyssenkrupp Steering in Eschen/Liechtenstein blicken sie auf eine lange Tradition in der Metallbearbeitung: 1941 begann im Fürstentum alles mit Metallteilen, die im Kaltumformverfahren hergestellt wurden.
Dabei handelt es sich um einen Prozess, bei dem Stahl unter sehr hohen Druckkräften bei Raumtemperatur verformt und somit "zum Fließen" gebracht wird. Beim sogenannten Kaltfließpressen kommen Spezialpressen zum Einsatz, mit denen auch komplexe Teile hochpräzise mit geringem Materialverlust in sehr hoher Geschwindigkeit hergestellt werden können. So lassen sich Großserien von identischen Teilen zu vergleichsweise niedrigen Kosten realisieren.
Führende Automobilhersteller und -zulieferer vertrauen auf die Kaltumform-Technologie von thyssenkrupp Steering
Über die Jahrzehnte entwickelten sich die Umformprofis zu einem der führenden Unternehmen in ihrer Sparte. Heute werden in den Werken in Liechtenstein, Polen, Mexiko, und China jeden Tag ca. 260 Tonnen Stahl verarbeitet und daraus 1,1 Millionen Teile produziert. Wichtigster Abnehmer: Die Schwester-Geschäftseinheit „Steering Column“. „Unsere Kolleginnen und Kollegen produzieren jedes Jahr mehr als 20 Millionen Lenksäulen. Und für den inneren Lenkungsstrang, dort wo die Kraft übertragen wird, benötigen sie eine hohe Zahl an Kaltumformteilen, die wir für sie produzieren“, erklärt Pierino Casagrande, CEO der Geschäftseinheit Coldforging. Auch in anderen Sparten vertrauen Kunden auf die Komponenten des von Casagrande verantworteten Geschäfts. Für Automobilhersteller wie VW oder BMW und Tier-1-Automobilzulieferer wie GKN liefert der Spezialist für Massivumformung Präzisionsteile für Seitenwellen und Getriebeteile. Auch für Bremsen und Autositze produziert die Geschäftseinheit hohe Stückzahlen. Aber auch im Non-Automotive-Geschäft mischt das Unternehmen mit: Kunden wie Husqvarna oder Stihl vertrauen zum Beispiel bei ihren Kettensägenmotoren auf Achsen und Wellen, Kurbelwellen und Ritzel von thyssenkrupp Steering.
Zentrales Alleinstellungsmerkmal: Einbaufertige Teile
Doch was macht die Kaltumformer von thyssenkrupp Steering so erfolgreich? Pierino Casagrande hat eine klare Antwort: „Wir haben ein entscheidendes Alleinstellungsmerkmal: Wir fertigen viele Teile ohne Zerspanung und konzentrieren uns wesentlich auf einbaufertige Teile. Dabei wird alles in einem Schritt gefertigt. Das heißt: Wir bekommen die geforderten Geometrien der Teile in nur einem Schritt bzw. einem Pressendurchgang und ohne mechanische Nachbearbeitung hin. Andere Anbieter müssen oft zusätzliche mechanische Prozesse einbauen, etwa Schleifen oder Drehen. Dadurch haben wir einen entscheidenden Kostenvorteil im Vergleich zum Wettbewerb.“
Dabei kommen extrem leistungsstarke Pressen zum Einsatz, die in verschiedenen Schritten die gewünschte Umformung realisieren. „Um einen bleibenden Eindruck in einem Stahlteil zu hinterlassen, brauche ich eine sehr hohe Flächenpressung“, erklärt Thomas Keppler-Ott. „Wir sprechen da von mindestens 800 N/mm2, also 80 kg pro mm2“, so der Leiter Innovation/ Technik.
Möglich machen das hochpräzise Spezialpressen mit einer Presskraft von bis zu 2.000 Tonnen. Doch die schiere Kraft, mit der die Umformexperten und -expertinnen arbeiten, ist nur die eine Wahrheit, wie Pierino Casagrande betont. „Vor allem braucht es Genialität und gute Leute, um perfekte einbaufertige Komponenten zu realisieren – und Innovationen, um unsere Prozesse weiterzuentwickeln.“ Weil es immer das erklärte Ziel ist, intelligent umzuformen, gelinge die passende Einstellung der Maschinen nicht mal eben auf Knopfdruck. „Da braucht es fähige Kolleginnen und Kollegen mit ganz viel Erfahrung“.
Und die brauchen sie auch, um die passenden Werkzeuge herzustellen. Das passiert am Standort Oberegg in der Schweiz: „Da haben wir hochgradig spezialisierte Leute mit den neuesten Technologien, die in der Lage sind, die perfekten Werkzeuge zu realisieren.“ Thomas Keppler-Ott ergänzt: „Wir arbeiten tagtäglich mit komplizierten Technologien, bei der Kleinigkeiten entscheiden. Schließlich sind wir hier im µ-Bereich unterwegs. Deshalb sind sowohl unsere Mitarbeitenden als auch ein hohes Maß an Erfahrung absolut entscheidend.“
Vor allem im Lenksäulengeschäft der Schwester-Operating-Unit: „Mit unserer Technologie können wir einbaufertige, einteilige Komponenten kostengünstig herstellen, wo andere Wettbewerber ihre Teile zusammenschweißen. Ein hochkritischer Prozess bei den Sicherheitsbauteilen der Lenkung, der auch noch teuer ist", verrät Casagrande.
„Unsere Technologie zur absoluten Perfektion bringen“
„Und bei aller Oberflächengüte und höchster Festigkeit: Am Ende des Tages entscheiden die Kosten“, so Keppler-Ott. Die Produktionskosten rücken sie bei der Operation Unit Coldforging deshalb immer in den Mittelpunkt ihres Schaffens. Wie wichtig selbst kleinste Weiterentwicklungen sind, erläutert der Ingenieur an einem eindrucksvollen Beispiel: „Wenn wir bei der Produktion von 30 Millionen Teilen durch einen smarten Kniff nur 1 Cent pro Teil einsparen, dann bedeutet das eine Gesamteinsparung in Höhe von 300.000 Euro! Deshalb tun wir alles, aber auch wirklich alles, dass wir um die mechanische Nachbearbeitung herum kommen.“
Und immer wieder schaffen sie es tatsächlich, die Grenzen des Kaltumformens noch ein bisschen weiter zu verschieben. Für Keppler-Ott und seine Kolleginnen und Kollegen ist genau das nicht nur Teil des Jobs, sondern ihre Passion: „Es ist unsere absolute Motivation, unsere Technologien immer weiterzuentwickeln. Und das so weit, dass wir sie zur absoluten Perfektion bringen“.
Passende Antworten auf die Megatrends der Mobilität
Angesichts der immer anspruchsvoller werdenden Herausforderungen werden die Umformer auch zukünftig Gelegenheit haben, ihrer Leidenschaft nachzugehen. „Auf die Megatrends Elektromobilität und Nachhaltigkeit etwa haben wir die passenden Antworten mit innovativen Lösungen“, so Casagrande. „Die E-Mobilität zum Beispiel erfordert größere Teile und hochfeste Materialien um die erheblich größeren Kräfte zu übertragen. Bis zu einem bestimmten Bereich ist das alles kein Problem. Aber natürlich begeben wir uns auch hier ans Limit und müssen weiter innovativ sein und gute Werkzeugkonzepte und ebenso gute Produktionsprozesse haben, um möglichst viel mit möglichst wenig Kraft pressen zu können“.
Auch Nachhaltigkeit und damit der CO2-Footprint sind große Themen und immer häufiger Bestandteil der Lastenhefte der anspruchsvollen Kundschaft. Bis 2035 erwarten die meisten Automobilhersteller die völlige CO2-Neutralität der gesamten Wertschöpfungskette aller Bauteile von ihren Zulieferern. Das bedeutet, dass nicht nur der eigene Strom- und Gasverbrauch nachhaltig sein muss, sondern auch die komplette Logistik und alle zugekauften Teile und Werkstoffe. Eine unglaubliche Herausforderung, da es bis heute weltweit noch keinen CO2-neutralen Stahl gibt.
„In dieser Hinsicht haben wir mit unserer Spezialisierung auf Kaltumformverfahren auf jeden Fall einen ganz großen Vorteil, weil wir mit signifikant weniger Material- und Energieeinsatz im Vergleich zu anderen Verfahren auskommen“, erklärt Keppler-Ott. „Wir haben deutlich weniger Abfall als etwa beim Schmieden. Der Materialeinsatz ist grundsätzlich ein ganz wichtiger Punkt - und dass wir am Ende erheblich weniger nachbearbeiten müssen.“ Zudem setzt thyssenkrupp Steering im Einkauf immer häufiger auf Werkstoffe mit hohem Recycling-Anteil. In den nächsten Jahren wird thyssenkrupp Steering den Energiebedarf der Produktion – genauso wie die gesamte Automotive-Sparte der Unternehmensfamilie – vollständig klimaneutral gestalten.
„Immer wieder neue Herausforderungen und Möglichkeiten, unsere Technologien einzusetzen“
Auch das autonome Fahren und innovative Lösungen wie Steer-by-Wire werden nicht spurlos an den Kaltumformungsspezialisten von thyssenkrupp vorbeigehen. Weil in Zukunft weniger Lenksäulen benötigt werden, arbeiten sie im Headquarter in Liechtenstein schon längst an neuen Geschäftsfeldern. Casagrande: „Wir sind immer auf der Suche nach neuen Geschäftssegmenten. Wir schauen ganz genau, wo es Potenziale und Bereiche gibt, in denen wir mit unseren Verfahren punkten können. In der Zusammenarbeit mit unseren Kunden ergeben sich immer wieder neue Möglichkeiten und Einsatzgebiete, bei denen unsere Technologie ein Vorteil sein könnte.“ Casagrande ist überzeugt: „Unsere Bearbeitungsfelder sind bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Es gibt immer wieder neue Herausforderungen und Möglichkeiten, unsere Technologien einzusetzen.“ - Und mit größter Leidenschaft bis zur Perfektion weiterzuentwickeln.